Jahrgang 1938
Nach vorzeitigem Schulabbruch begann Gerhard Stahl 1953 die Ausbildung zum Schriftsetzer in einer renommierten Buchdruckerei in Hamburg-Barmbek. Die Berufswahl entsprach auch seinen Interessen. Denn er las gern Bücher und stellte sich dabei immer wieder die Frage: Wie werden eigentlich Bücher hergestellt? Allgemeinwissen, gute orthografische sowie auch mathematische Kenntnisse waren hilfreiche Voraussetzungen für seinen auserwählten Beruf. Die Lehrzeit betrug drei Jahre. Danach verließ er seinen Lehrbetrieb und – nachdem er noch zwei andere Buchdruckbetriebe kennengelernt hatte – begann als Anzeigensetzer bei der Tageszeitung „Die Welt“. 1961 ergab sich für ihn die Möglichkeit, die ungünstigen Schichtarbeitszeiten aufzugeben und in eine vom „Hansischen Druck- und Verlagshaus“ neu gegründete Buchdruckerei zu wechseln. Zunächst als Anzeigen- und Textmetteur für die Wochenzeitung „Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt“ beschäftigt, wurde ihm bereits nach zwei Jahren die Position des stellvertretenden Abteilungsleiters übertragen. 1965 wurde er als allein verantwortlicher Abteilungsleiter für die Hand- und Maschinensetzerei vom Verlag ins Angestelltenverhältnis übernommen und erwarb die Berechtigung zur Lehrlingsausbildung. Mit der betrieblichen Umstrukturierung vom Buchdruck auf den Offsetdruck, gewann die Ausbildung, Schulung und Einführung von Fotosatzsystemen für ihn zunehmend an Bedeutung. 1982 wurde er in die Druckereileitung berufen und wechselte sechs Jahre später zur Kundenbetreuung in den Außendienst. 1997 beendete er sein Arbeitsverhältnis. Danach noch bis 2004 temporär als Hersteller in Werbeagenturen beschäftigt, stellte er seine Fachexpertise zur Verfügung. So eben auch seit 1997 als ehrenamtlicher Mitarbeiter im Museum der Arbeit.
Linotype
Die „Linotype“ war die erste voll funktionsfähige mechanische Zeilensetz- und Gießmaschine. Ihre Einführung im Jahre 1886 bei der „New York Tribune“ revolutionierte die dortige Zeitungsproduktion und hatte damit bedeutende soziale Konsequenzen für die gesamte Druckindustrie.
Die zu einer Zeile gesammelten Matrizen aus Einzelbuchstaben bzw. -zeichen wird komplett zu einer Einheit in Blei gegossen. Das Sammeln erfolgt über eine Tastatur. Mit jedem Tastendruck fällt die entsprechende Matrize, eine metallene Gussform, aus einem Magazin zunächst in den Sammler. Sogenannte Spatienkeile, durch eine Schiebevorrichtung in der Breite veränderbar, sorgen für die Wortzwischenräume. Ist nun die vorgegebene Satzbreite annähernd erreicht, wird die Matrizenzeile zusammen mit den Spatienkeilen zum Gussvorgang überführt. Noch bevor die Zeile mit einer auf ca. 280° C erhitzten Bleilegierung ausgegossen werden kann, wird sie mittels der Spatienkeile auf die volle Satzbreite ausgeschlossen. Die benutzten Matrizen gelangen nach dem Guss mit Hilfe eines Elevatorsystems zurück zum Magazin. Hier werden sie über eine kodierte Zahnstange, durch unterschiedliche Zahnungen an den einzelnen Matrizen, in ihren jeweiligen Kanal zurückgeführt und sind zur erneuten Verwendung wieder verfügbar. Da sich in jedem Kanal bis zu zwanzig Matrizen befinden, entsteht ein Rundlauf von Setzen – Gießen – Ablegen ohne Arbeitsunterbrechung.
Nach der Gründung der Mergenthaler Linotype Company 1890 in New York, fanden Linotype-Setzmaschinen sehr schnell weltweite Verbreitung. Sie wurden zur Satzherstellung für Bücher, Zeitschriften – vor allem jedoch für den Zeitungssatz – eingesetzt.
Ottmar Mergenthaler – Der Erfinder der Linotype-Setzmaschine wird am 11. Mai 1854 in Hachtel bei Bad Mergentheim geboren. Bereits als Kind zeigt sich sein großes technisches Interesse. Zunächst absolviert er eine Uhrmacherlehre. Ein Studium an der Abendschule liefert die Grundlagen für weitere technische Kenntnisse. Nach Beendigung seiner Lehrzeit wandert er nach Amerika aus und findet dort eine Anstellung bei seinem Vetter, der in Washington D.C. eine Instrumentenfabrik betreibt. Dies bringt Mergenthaler in Kontakt mit immer neuen technischen Entwicklungen und deren Erfindern. Es sind eben diese Kontakte, die ihn schnell von der Notwendigkeit einer maschinellen Satzherstellung überzeugen. Ab 1883 betreibt er eine eigene Werkstatt in Baltimore. Im Mai 1884 ist der Prototyp einer „Stabsetzmaschine“ fertiggestellt. Bereits zwei Jahre später, am 3. Juli 1886, wird eine verbesserte Setzmaschine mit jetzt frei umlaufenden Messingmatrizen bei der „New York Tribune“ in Betrieb genommen. „What a wonderful line of types“, soll der Verleger W. Reid beim Betrachten der ersten fertigen Bleizeile gesagt haben. Damit ist der Name für die Maschine gefunden: „Linotype“.
Mit dieser Erfindung ist ein fast unüberwindbares technisches Problem gelöst worden, nach dem mehr als 200 Erfinder getrachtet haben. Mergenthaler verbessert seine Maschine immer weiter und 1889 ist seine letzte und beste Setzmaschine, die „Linotype Simplex“, fertiggestellt. Ottmar Mergenthaler stirbt mit 45 Jahren an den Folgen einer Rippenfellentzündung. Über 90 Jahre sind Linotype-Setzmaschinen weltweit im Einsatz – dann wird 1976 die Produktion eingestellt.
Text: Gerhard Stahl / Foto und Video: Ilka Zoche